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09.03.2012 Ammersee Kurier (jb)

Das Vaterunser auf zehn Leinwänden

Ausstellung von Marlen Labus im Studio Rose in Schondorf 

Marlen Labus hat im Studio Rose in Schondorf einen idealen Ausstellungsraum für Ihr Thema, das Glaubensbekenntnis der Christen, gefunden. Die hohen Wände lassen die zehn großformatigen Tafeln wie in einer Kirche wirken und laden zur Besinnung ein.

Das freilich ist auf einer gut besuchten Vernissage wie dieser kaum möglich. Small talk mit Bekannten, Gläserklingen und die Suche nach Gummibärchen und Käsegebäck auf den Partytischen lassen meditative Stimmung nicht aufkommen. Ist ja auch nicht so gedacht. Man will die Künstlerin sehen, etwas über ihr Werk hören, vielleicht auch beschließen, noch einmal wieder zu kommen, wenn es ruhiger ist.

Kraftfelder entstehen

Sehr zu empfehlen. Denn Marlen Labus hat Bilder geschaffen, für die man sich Zeit nehmen sollte. Sie erschließen sich nicht sofort ? die farbigen Flächen leben erst beim intensiven Hinschauen. Dann werden Strukturen erkennbar, scheinen Teile dreidimensional zu werden als kämen sie dem Betrachter entgegen. Sie entwickeln ein Eigenleben. Kraftfelder entstehen.

Marlen Labus hatte sich die Kunsthistorikerin Dr. Gudrun Szczepanek für die Einführung in die Ausstellung gewünscht. Gern sagte diese zu. ?Eine der spannendsten Fragen für mich als Kunsthistorikerin ist immer die Frage nach den Impulsen für ein Bild oder gar für einen Bilderzyklus? sagt sie. Bei Marlen Labus sei es die Ausstellung eines Künstlers gewesen, der vierzehn Aquarelle zum Vater Unser gemalt hatte. Die Umsetzung sei ihr zu schreiend, zu bunt erschienen. Aber das Thema ließ sie seitdem nicht mehr los. Das war 2007. Dann las sie den Roman ?Nachtzug nach Lissabon? von Pascal Mercier. Abschnitte daraus musste sie immer wieder lesen. Die ambivalente Beziehung zu Gott und Glauben, die im Roman zum Ausdruck kommt, ist der Künstlerin aus ihrer streng katholischen Kindheit nur allzu bekannt: Gott als Angstmacher, als Strafender. Sie befreite sich als Erwachsene von der Institution Kirche. ?Erst durch diese Befreiung war es ihr möglich, sich der Bedeutung eines Vaterunsers wieder anzunähern und es malerisch zu interpretieren", sagte Dr. Szczepanek. Man kann die zehn Bilder einzelnen Abschnitten des Gebetes zuordnen. Vielleicht hilft das beim Verstehen der Kompositionen und ihrer Farben. Muss man aber nicht. Denn Marlen Labus hat den Bildern keine Texte beigegeben. Nach Ansicht der Kunsthistorikerin Szczepanek verstellt das sogar den Blick. Sie hat festgestellt: ?Der Betrachter tritt unweigerlich in Dialog mit den Bildern, die Gefühle und Assoziationen in uns wecken".